Tobias Blume

Life- Business- Systemische Autorität

Systemische (Neue) Autorität

Systemische (Neue) Autorität

Derzeit befinde ich mich in der Ausbildung zum Coach für Systemische (Neue) Autorität beim Systemischen Institut und möchte euch das Thema ein bisschen näherbringen. Es geht um den Ursprung der Idee, die Ziele und Zielgruppen. Ebenfalls wird der Begriff Autorität genauer betrachtet.
In meiner Arbeit als Coach konzentriere ich mich auf die grundsätzliche Haltung, die Lehrkräfte, jegliche Personen aus dem sozialen Bereich oder auch Eltern einnehmen können, um ihre Arbeit und ihr Arbeitsumfeld sowie ihre Beziehung zu den Kindern und Jugendlichen, positiv und nachhaltig zu beeinflussen.

Der Ursprung der Neuen Autorität

Die Begriffe „‚Neue Autorität‘ , ‚Gewaltfreier Widerstand in der Erziehung‘, ‚Autorität durch Beziehung‘, ‚ Autorität ohne Gewalt‘ oder ‚Stärke statt Macht‘ sind Überschriften für ein Konzept, das von Haim Omer in Tel Aviv in Anlehnung an die Philosophie und Praxis des gewaltlosen Widerstands nach Mahatma Gandhi und Martin Luther King“ (Neue Autorität, Das Handbuch, 2019, S.16) entwickelt wurden. Das Konzept von Hain Omer aus den 1980er Jahren galt als Antwort auf die steigende Anzahl von Herausforderungen in der elterlichen Erziehung und in pädagogischen Umgebungen. Er hat nach einer Lösung gesucht, um Eltern in ihrer Erziehungsarbeit zu unterstützen.

Arist von Schlippe hat dieses Konzept im Jahr 1999, in Zusammenarbeit mit Hain Omer nach Deutschland gebracht.  

Das Ziel, der Wandel und die Zielgruppen

Das Ziel

Das wichtigste Ziel dieses Konzepts ist es, die Erziehenden insofern zu unterstützen, dass sie in ihrer ‚Präsenz’ bleiben, oder wieder zurück zu dieser finden. Es wird versucht die Erziehenden soweit zu bringen, dass sie sich nicht in Droh- oder Sanktionshandlungen begeben

Die Kernaussage der Neuen Autorität ist:

„Wir geben dir nicht nach, und wir geben dich auch nicht auf!“
(Neue Autorität, Das Handbuch, 2019, S.16)

Die Idee von Haim Omer beruhte darauf, Eltern im Umgang mit stark verhaltensauffälligen Kindern zur Seite zu stehen. Daraus bildete sich seine Arbeit, welche die Beziehung zwischen Eltern und ihren Kindern in den Vordergrund stellte. 

Im Fall der Neuen Autorität wird davon ausgegangen, dass das problematische Verhalten der Jugendlichen nicht das Primärsymptom ist, sondern eine Reaktion auf einen Kontext ist, in welchem dieses „unerwünschte“ Verhalten gezeigt wird. „Problematisches und destruktiv erlebtes Verhalten von Kindern und Jugendlichen kann insofern als eine Reaktion auf den erlebten Kontext und damit als Eskalationsmuster in diesem Kontext verstanden werden.“ (Neue Autorität, Das Handbuch, 2019, S.19)

Wenn man das Ganze so betrachtet, lassen sich zwei Konsequenzen ableiten: 

  1. Man kann zwischen dem problematischen Verhalten und der Person, welche das Verhalten zeigt, unterscheiden. Es wird also das Verhalten von der Person klar abgegrenzt. Dies ermöglicht, dem unerwünschten Auftreten gegenüber in einen Widerstand zu gehen und zur gleichen Zeit die Person dahinter wahrzunehmen und mit dieser in eine fördernde Beziehungsarbeit zu gehen.
    Als Beispiel lässt sich ein Jugendlicher nehmen, der in einem bestimmten Kontext ein auffälliges oder sogar gewaltbereites Verhalten zeigt. Wichtig ist zu beobachten, in welchem Zusammenhang dies geschieht. Nur dann kann man sich darauf konzentrieren und es wird nicht der Jugendliche in den Fokus gestellt. Es wird klargemacht, dass man das gezeigte Benehmen nicht duldet, aber im Sinne der Neuen Autorität, der geschuldeten Person signalisiert, dass man nach wie vor zu ihr steht und sie nicht aufgibt. 
  2. Auch das eigene Verhalten der erziehenden Person wird begutachtet, bevor man eine direkte Intervention anstößt. Hierfür wird der Hintergrund betrachtet, in welchem das problematische Benehmen des Kindes oder Jugendlichen gezeigt wurde. Um die zukünftigen Situationen zu beeinflussen, wird geschaut, was der Erziehende in seinem Vorgehen ändern kann. Der Grundgedanke ist der, dass sich durch das neue Verhalten des Erwachsenen, die Situation signifikant verändert und dadurch wiederum das problematische Benehmen ausbleibt.
    Im Modell der Neuen Autorität wird das Verhalten der Erziehenden „Präsenz“ genannt.

Der Wandel und die Zielgruppen

Das von Haim Omer entwickelte System wurde im Laufe der Zeit durch ähnliche Ideen, unter anderem von Jesper Juul und Joachim Bauer, bestärkt. Mittlerweile findet man das Konzept der Neuen Autorität in den verschiedensten kleineren und größeren Systemen, wie etwa in Kindertagesstätten, Kindergärten, Schulen, sowie in Kinder- und Jugendheimen.
Die für den „familiären Kontext entwickelten Interventionen wurden an die Notwendigkeiten und Bedingungen der verschiedenen pädagogischen Settings angepasst und erweitert.“ (Neue Autorität, Das Handbuch, 2019, S.16) Seit ein paar Jahren wird das System der Neuen Autorität auch für Führungsmodelle in Institutionen und Unternehmen angewendet.

Der Begriff der Neuen Autorität

Mit dem Begriff der Neuen Autorität wird die Entwicklung eines Ansatzes und der dazugehörigen Handlungsmöglichkeiten beschrieben. Die Auffassung von Autorität geht über den klassischen Begriff hinaus. Es geht nicht um eine auf Macht und Kontrolle bezogene Autorität, „sondern auf Beziehungsgestaltung, Transparenz und der Bereitschaft, sich intensiv und demonstrativ [mit einer Person] auseinanderzusetzen.“ (Neue Autorität in der Schule, 2022, S.11)

Die Bezeichnung „Neue Autorität“ wurde erst 2010 von Omer und Schlippe neu definiert, publiziert und dann eingeführt. In dieser Auffassung von Autorität geht es nicht um die, die einer Person als persönliche Eigenschaft zugeschrieben wird, sondern um die umfassende Haltung einer Person.

Zu dem Begriff Autorität findest du auch einen Beitrag auf meiner Instagram-Seite.

Entwicklung und Anwendung der Neuen Autorität

Der erste Gedanke dieses Konzepts richtete sich an Eltern, die über einen längeren Zeitraum das gewalttätige Verhalten ihrer Kinder als bedrohend und ohnmächtig wahrnahmen. Mit dem Hintergrund des gewaltlosen Widerstandes von Mahatma Gandhi, wurden von Haim Omer ein paar Maßnahmen entwickelt, um den Kindern mitzuteilen, dass ihr Verhalten nicht geduldet wird und dass die Erziehungsberechtigten alles tun, um diese Situation zu verändern. Dabei wurde betont, dass verbale oder körperliche Attacken, Beleidigungen und Demütigungen nicht Teil dieser Handlungen sein werden. Der Vorgang des gewaltfreien Widerstandes hat den Eltern insoweit geholfen, dass sie in vielen Situationen mit ihren Kindern wieder handlungsfähig wurden. 

Der Grundsatz des gewaltfreien Widerstandes und der Präsenz der Eltern hat sich über die Zeit zum Konzept der Neuen Autorität weiterentwickelt. Des Weiteren entstand der Ansatz der „Wachsamen Sorge“, auf welches ich in einem späteren Blogeintrag näher eingehen werde.

Mit dieser Entwicklung einhergehend wurde klar, dass es sich bei dem ganzen Modell vor allem um eine innere, grundsätzliche Haltung handelt. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, wie man an seiner Haltung und Präsenz arbeiten kann, dann schreibe mir gerne eine unverbindliche Nachricht.